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<title>Digital Viez - die Wortherkunft</title>
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<h2 class="text-white mt-0">ViezEtymologie</h2>
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<h5><strong>In aller Mund(art)</strong></h5>
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<em>Die Plaatz, wo et gude Viez get, die get net verraoten</em>, besagt ein Eurener Sprichwort. Gesucht werden kann nach „gudem Viez” nicht nur in Euren (Trier). Im gesamten Moseltal, im Saargau, in südlichen Gebieten von Eifel und Hunsrück und sogar in Teilgebieten Luxembourgs werden Viez-Liebhaber*innen fündig. Ob „gammer” (kräftig/herb), „sauwer” (super), oder „quant” (prima) – nicht nur über seinen Geschmack lässt es sich streiten. Auch was die Wortherkunft angeht, gibt es viele Fragen. Allen voran diese: Wieso heißt der <a href="https://www.wikidata.org/wiki/Q618389" target="_blank"> Apfelwein</a> aus Rheinland-Pfalz eigentlich „Viez”?
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Auch Wissenschaftler bemühen sich, die Wortherkunft von „Viez” eindeutig nachzuvollziehen. Im Gegensatz zu „Äppelwoi” (Frankfurter bzw. Hessischen Raum), „Cidre” (Frankreich), „Cider” (Großbritannien), „Most” oder „Moscht” (schwäbisch-hochalemannisch), kursieren rund um die etymologischen Ursprünge des „Viez” die buntesten Thesen. <br>
Die Recherchen zu möglichen Ursprungswörtern orientieren sich entweder an deren <b>Semantik</b> oder <b>Lautentwicklung</b>. Das bedeutet, dass die Wörter entweder in ihrer inhaltlichen Bedeutung dem heute verwendeten „Viez” nahekommen oder dass Wandlungen in der Aussprache zu „Viez” geführt haben, z.B. über sogenannte Lautverschiebungen durch den Übergang im Sprachgebrauch vom Lateinischen zum Moselromanischen bzw. Moselfränkischen. <br>
Aufgrund der raschen alkoholisierenden Wirkung des Getränks könnte beispielsweise eine semantische Parallele zum französischen Wort <em>„vite“</em> (schnell) gezogen werden. Auch eine Beziehung zum lateinischen Wort <em>vetus</em> (alt) ist sinnvoll, da die Herstellung von Apfelwein bis in die Antike zurückverfolgt werden kann. Im römischen Trier wurde der Apfelwein auch <em>vinum ex malis factum</em> genannt – also etwa „Wein aus schlechten Dingen oder schlechter Machart“. Mit <em>malis</em> wurde dabei vermutlich die „Minderwertigkeit” von Apfelwein im Vergleich zu „echtem” Wein aus Trauben gemeint – ungeachtet dessen, dass „schlechter Wein“ im heutigen Sinne natürlich eine negative Bedeutung mit sich zieht. Demnach war Viez also einfach ein „stellvertretender” (lat. <em>vice</em>) Wein. Obgleich semantisch im Reinen, spricht gegen die <em>vice</em>-Etymologie, dass das kurze <em>i</em> mit der Lautentwicklung niemals ein langes <em>i</em> wie in „Viez” sondern ein <em>ei</em> ergeben hätte. <br>
Wohl oder übel gibt es da aber noch das lateinische Wort <em>faece</em> (von <em>faex</em>: Ablagerung, Bodensatz, Hefe). Lautlich kann aus <em>faece</em> sehr plausibel <em>fi:ts</em> (gelesen „fiets”, also mit einem langen <em>i</em>, wie es in den romanischen Sprachen üblich ist) hergeleitet werden: Anlautendes <em>f</em> bleibt erhalten, <em>ae</em> und kurzes <em>e</em> haben im Moselromanischen ein langes <em>i</em> ergeben, das <em>c</em> vor hellem Vokal wurde zu <em>ts</em> und der Auslaut (das <em>e</em> am Ende) ist weggefallen. <br>
Lautentwicklung hin oder her: Eine Verwandtschaft mit dem Wort von dem auch „Fäkalien” abgeleitet wurde, ist allerdings nicht nur uncharmant, sondern – was die einen oder anderen Viez-Trinker*innen nun beruhigen mag – semantisch unbelegt: Recherchen zeigen, dass in keiner europäischen Region, die über eine lange und stolze Apfelweintradition verfügt, zur Bezeichnung des Apfelweins ein Wort verwendet wird, das ursprünglich „Weinhefe“, also „schlechter Wein” bedeutete. Es gibt keine schriftlichen Belege dafür, dass <em>faex</em> eine zum Trinken vorgesehene Flüssigkeit war bzw. dass der Apfelwein selbst mit dem Wort bezeichnet wurde. <br>
Zum Glück liefert ein mittelalterlicher Urkundenbeleg Anstoß für eine weitere These, die sowohl semantisch als auch lautlich plausibel ist. In einer Handschrift aus der Eifelstadt Prüm aus dem Jahr 1413 ist von einem „pott puitz” die Rede. Nachweislich wurde „puitz” <em>pü:tz</em> (mit einem langen <em>ü</em>) ausgesprochen. Auch wenn die Lautentwicklung zu „Viez” noch nicht auf Anhieb erkennbar ist; aufmerksam wird, wer mit der Bezeichnung „Porz” für das traditionelle Trinkgefäß, in dem Viez bis heute serviert wird, vertraut ist: „Pott” steht im Moselfränkischen nämlich für ein Halblitergefäß mit Henkel aus Porzellan, Steingut oder Glas zum Trinken von Apfelwein. <br>
Argumente dafür, dass mit „puitz” tatsächlich der Apfelwein bezeichnet wurde, liegen einerseits in dem lateinischen <em>potio</em> (Trank), dem etymologischen Ursprung von <em>puitz</em>. Frühe Quellen sprechen von „Tranck” oder sogar „Apfeltranck”. Andererseits gehört Prüm zu dem Gebiet, in dem „Viez” als einheimische Bezeichnung gilt. Die Benediktinerabtei von Prüm war als Förderer des Obstbaus bekannt. <br>
Nicht nur semantisch scheint die These, dass Viez also nicht mehr und nicht weniger als ein „Alltagstrank” war, schön aufzugehen. Auch die allgemeine Lautverschiebung im Frühmittelalter von <em>p</em> (<em>pü:tz</em>) über <em>pf</em> (<em>pfü:tz</em>) zu <em>f</em> (<em>fü:tz</em>), zusammen mit der moselfränkischen Lautentwicklung von <em>ü</em> zu <em>i</em> (<em>fi:ts</em>), wahren seinen Ruf. Mit den Worten des Trierer Mundartdichters Philipp Laven: <em>De Viez, dat is ä liewen Trank, hen eß mer liewer als de Wein; wen 'n emmer trenkt, de gevt net krank, de werd och emmer monter sein</em>. (Et Lied von dem Viez, 1834). <br>
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Quellen: <br>
Stefan Barme, „Zur Etymologie des moselromanischen Reliktwortes Viez ‘Apfelwein’”, in: <em>Romanistik in Geschichte und Gegenwart</em> 11.2, 233-242, 2005.<br>
Stefan Barme: <em>Nacktarsch, Viez und Ledertanga: Ausflüge in die Kulturgeschichte des Mosellandes</em>, Burg Ramstein: Stephan Moll Verlag, 2012.<br>
Johannes Kramer, „<em>Cidre, Äpfeltrank und Viez</em>: etymologische Studien zu den Obstweinnamen in der Wallonie”, in: Martin Hummel & Christina Ossenkop (Hrsg.), <em>Lusitanica et Romanica. Festschrift für Dieter Woll</em>, Hamburg: Buske, 85-96,1998.<br>
Johannes Kramer, „Ein moselromanisches Reliktwort: Viez (lat. <em>faex</em>)”, in: Kurtrierisches Jahrbuch 42, 9-27, 2002.<br>
Eberhard Klitta, Dr. Gerd Scholten, <em>Trierer Viez: Wissenswertes – Geschichtliches, Amüsantes</em>, Trier: Koch GmbH & Co. KG, 1987.
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